Format: Masterthesis, Entwurf einer räumlichen Intervention Ort: Muthesius Kunsthochschule Kiel, 2012 Konzept: Silja Timm Prüfer: Prof. Christian Teckert, Prof. Ludwig Fromm Publikation: Räumliche Interventionen und urbane Strategien
Hintergrund
Die Masterthesis von Silja Timm an der Muthesius Kunsthochschule im Studiengang „Raumstrategien“, Studienschwerpunkt „Künstlerisches Forschen und intervenieren im Raum“ (2012) ging der Fragen nach, welche ortsspezifische Strategie entwickelt werden kann, um ein Netzwerk von Räumen entstehen zu lassen, die von Obdachlosen temporär angeeignet werden können, aber auch anderen Personengruppen zur Verfügung stehen. Um eine Stigmatisierung einer marginalisierten Gruppe zu vermeiden, soll ein Raumangebot entstehen, das für unterschiedliche Benutzergruppen zur Verfügung gestellt werden kann. Es geht darum Orte des möglichen Austauschs zu etablieren..
Konzept
Sociopolis ist ein räumliches Nutzungskonzept bestehend aus einzelnen prototypischen Architekturen, die gesellschaftlich marginalisierten Gruppen wie Obdachlosen, aber auch anderen Personengruppen temporär zur Verfügung stehen und gewissermaßen als Schutzraum (shelter) im Stadtraum dienen.
Um ein Verständnis für die Situation und den Bedarf von Obdachlosen zu entwickeln, wurden mit mehreren obdachlosen Personen Gespräche geführt.
Die räumlichen Module beinhalten für Obdachlose wichtige Bereiche, die eine Ergänzung zu ihrer „Wohnung“, dem Stadtraum darstellen. Die Module können einzeln eingesetzt werden oder es generieren mehrere Module zusammengesetzt ein endlos erweiterbares System.
In sechs räumlich separierten, dennoch ineinander fließenden Funktionsbereichen gibt es zahlreiche Möglichkeiten um miteinander in Kontakt zu treten oder aber auch voneinander zu profitieren.
Die in die Fassade integrierten Tauschklappen stehen für die Abgabe von Kleidung, Pfandgut oder Werkzeugen bereit. Sie sind von außen und innen erreichbar und somit unabhängig von den Öffnungszeiten nutzbar.
Im Zentrum befindet sich die Redaktion eines Straßenmagazins. Sie ist mit Sozialarbeitern besetzt und bildet den Kern des Moduls. In der Infothek stehen Tageszeitungen, Bücher, Nachrichten TV und ein Ruhebereich zur Verfügung.
In der Recyclingstation und an der Werkbank können gespendete Materialien weiterverarbeitet, repariert oder neu zusammengesetzt werden. So gibt es für nicht mehr benötigte Dinge eine sinnvolle Weiternutzung. Obdachlose können ihr oftmals vorhandenes Improvisationstalent nutzen und gemeinsam aus Schrott Neues entstehen lassen.
Dem Café liegt der Grundgedanke des Gebens zugrunde. An alle hier verkauften Produkte ist eine Besonderheit geknüpft. Bei einem Kaffee „Doppeltes Glück“ werden 2 Kaffee bezahlt, der zweite wird an Bedürftige weitergegeben. Der Kaffee „Waschgang“ beinhaltet einen kostenfreien Waschgang und die „Stulle Zweimund“ bezeichnet zwei Brote, von denen eines weitergegeben wird.
Der Charakter dieser baulich offenen Struktur, und die daraus resultierende Sichtbarkeit der sozialen Problematik werden hier bewusst eingesetzt, um neue Formen des Dialogs und des Austauschs zwischen den Stadtbewohnern zu ermöglichen.